Vorsicht, Verzuckerung! Was ist Glykation?

DR. MIRIAM REHBEIN | 19. JANUAR 2021
Dass Zucker schlecht für die Zähne sowie ein Figurkiller ist und außerdem Diabetes begünstigt, ist allgemein bekannt. Doch dass zu viel Zucker auch der Haut schadet und eine der Hauptursachen für eine vorzeitige Hautalterung, Akne, Rosazea und Ekzeme ist, wissen die wenigsten. Der zerstörerische biochemische Prozess, bei dem Deine Haut langsam verzuckert, heißt Glykation. In diesem Beitrag erfährst Du alles Wissenswerte über die Verzuckerung der Haut – und Tipps, um sie zu vermeiden sowie ihre Folgen sogar umzukehren.

Glas voller Zucker

SPANNKRAFT ADÉ: WIE DIE FALSCHE ERNÄHRUNG DEINER HAUT SCHADET

Kollagen und Elastin sind zwei Strukturproteine, die dafür sorgen, dass die Haut faltenfrei ist. In jungen Jahren produziert Dein Körper davon mehr, als er braucht. Rund um das 30. Lebensjahr werden die Anti-Aging-Stoffe jedoch zunehmend knapper. Deine Haut verliert an Spannkraft, bekommt feine Linien und schließlich irgendwann auch Falten.

Gefördert wird dieser Zustand durch verschiedene Faktoren: viel Stress, dUV-Strahlung, Alkohol, Nikotin, zu wenig Schlaf und eine ungesunde Ernährung sind wahre Beschleuniger für die Hautalterung. Wenn von ungesunder Ernährung die Rede ist, sind hauptsächlich zu viele gesättigte Fettsäuren und zu viele Einfach- und Zweifach-Zuckermoleküle in Form von

  • Fruchtzucker (Fructose)
  • Traubenzucker (Glucose)
  • Milchzucker (Lactose)
  • Einfachzucker (Glactose)
  • und Haushaltszucker (Saccharose) gemeint.

Darüber hinaus schaden gesättigte Fettsäuren, etwa aus fettem Fleisch und Fertigprodukten, dem Körper und damit auch der Haut. Ebenso mindert Haushaltszucker in Gummibärchen, Limonaden, Ketchup und Co. die Hautgesundheit.

Übrigens: Zucker versteckt sich auf der Inhaltsstoffliste von Lebensmitteln nicht nur hinter Bezeichnungen wie Fructose, Glucose und Co., sondern auch hinter Namen wie Dextrose, Malzzucker, Maisstärke, Sirup und Maltose.

GLYKATION: WAS GENAU VERSTEHT MAN UNTER VERZUCKERUNG?

Sie ist das Schreckgespenst des Anti-Agings: die Glykation. Der Begriff „Glykation“ bedeutet so viel wie Verzuckerung der Gewebefasern der Haut. Es gibt eine äußerliche und eine innerliche Verzuckerung der Haut. Der natürliche Alterungsprozess der Haut läuft dann durch die Zufuhr von Zuckermolekülen und ungeschützte Sonnenbäder, Rauchen oder Smog quasi im Zeitraffer ab.

ÄUSSERE GLYKATION

Die äußere Glykation kennen wir durch Vorgänge in der Küche: die braune Brotkruste, die knusprige Bratenhaut, aber auch die angebrannte braune Milch sind Resultate von durch starke Hitze verursachter Glykation. Angebrannte Milch war auch der Forschungsgrund, aus dem der französische Biochemiker Louis Maillard 1912 den chemischen Prozess der Reaktion von Protein- und Fettmolekülen mit Zuckermolekülen untersuchte. Dabei erkannte er, dass diese eine nicht abbaubare, langkettige Verbindung eingehen und glykieren – also verzuckern. Die Erkenntnisse der nach ihm benannten Maillard-Reaktion beschränkten sich allerdings auf die Lebensmittelchemie. Mitte des letzten Jahrhunderts gewann man die Erkenntnis, dass die gleichen Prozesse auch in unserem Körper stattfinden – nur sehr viel langsamer, da in unserem Körper niedrigere Temperaturen herrschen. Für die äußere Glykation Deiner Haut gibt es die drei bereits erwähnten Hauptauslöser:

  • abgasbelastete Luft
  • Rauchen
  • die UV-Strahlung des Sonnenlichts

INNERE GLYKATION

Die innere Glykation findet im Blutkreislauf statt. Unser Körper erzeugt die für Stoffwechselprozesse und Bildung wertvoller Hyaluronsäure benötigten Zuckermoleküle bei einer minimalen Zufuhr von Zucker. Wird das Blut mit zu viel Zucker in Form von raffiniertem Industriezucker, Fruchtzucker oder anderen Kohlenhydraten bedient, steigt der Bluterzuckerspiegel rapide an, da der Körper nicht allen Überschuss über die Nieren ausscheiden kann. Die überschüssigen Zuckermoleküle lagert der Körper ein und reagiert mit körpereigenen Proteinen (Kollagenen) und Fetten (Lipiden) ohne Enzymbeteiligung darauf. Dabei heften sich die Zuckermoleküle an die Protein- und Fettzellen und verbinden sich unwiderruflich mit ihnen. Dieser Vorgang nennt sich Glykation bzw. Verzuckerung. Die dadurch kreierten Zucker-Protein-Gebilde schimpfen sich AGEs ("Advanced Glycation End products" oder zu Deutsch: Glykations-Endprodukte).

VERZUCKERUNG: HAUT IM NOTZUSTAND

AGEs verbinden sich mit dem RAGE. Dieses Akronym steht für „Rezeptor für AGE“. Dabei handelt es sich um spezialisierte Zellen, die auf Gefahren mit Entzündungen reagieren und durch die AGEs in einen permanenten Notfallzustand versetzt werden, was den Hautzellen stark zusetzt. AGEs können auch die Bildung von freien Radikalen verursachen, die der Haut noch mehr schaden sowie abermals die RAGE-Produktion anregen und so für einen Teufelskreis aus Entzündungen und Zellschädigungen sorgen, der die Haut wiederum noch schneller altern lässt.

WAS GENAU PASSIERT BEI DER GLYKATION MIT DER HAUT?

Die durch die Verzuckerung der Haut entstandenen AGEs erreichen durch die Verklebung, dass sich die Haut und das Bindegewebe verhärten und sie ihre Fähigkeit zur gesunden Zellerneuerung verlieren. Feine Linien und Falten kann der Körper durch die starren Verbindungen nicht mehr eigenständig ausgleichen, sie bleiben sichtbar. Durch die Schädigungen der Strukturproteine Kollagen und Elastin kann die Haut kaum noch Feuchtigkeit speichern und sich nicht mehr optimal regenerieren. In der ausgetrockneten und unflexiblen Haut entstehen feine Risse, die perfekte Voraussetzungen für Entzündungen bieten. Die Haut verliert nach und nach an Spannkraft, Elastizität und auch ihren natürlichen Glow. Als Resultat wirken die Betroffenen älter, fahler und abgespannt. Aus zunächst feinen Linien bilden sich schließlich Falten und das berüchtigte "Sagging" (Bildung schlaffer, undefinierter Haut) setzt ein – der sichtbare Elastizitätsverlust der Haut, der sich etwa mit Hängebacken bemerkbar macht. Das alles geschieht wesentlich schneller, als biologisch vorgesehen war: Die Haut altert quasi in Höchstgeschwindigkeit.

FOLGEN DER VERZUCKERUNG

  • Verlust an Spannkraft und Elastizität bis hin zum Sagging
  • Risse durch Verhärtungen
  • Verminderte Zellregeneration
  • Feuchtigkeitsverluste
  • Dünnere Haut und matter Teint
  • Hautentzündungen mit einhergehender Zellschädigung
  • Bildung von dauerhaft sichtbaren Linien und Falten

MÖGLICHE ERKRANKUNGEN

Nicht nur die Haut hat mit den Folgen von Glykation durch zu großen Zuckerkonsum zu kämpfen: Die Verzuckerung kann auch Deine Arterien verstopfen und so Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen. Glykation ist zudem ein Auslöser für Diabetes, AGE-Konzentrationen sind beispielsweise auch in den Augenlinsen bei grauem Star und vermehrt im Gehirn von Alzheimerpatienten zu finden. Auch bei Knochenschwund (Osteoporose), chronischen Nierenerkrankungen (Glomerulosklerose) oder Arthritis spielt die Glykation eine Rolle.

NIE WIEDER ZUCKER? DIE MENGE MACHT DEN UNTERSCHIED

Heißt das, dass Fruchtzucker in Obst für die Haut wirklich schädlich ist? Und besteht die feuchtigkeitsbindende und Bindegewebe-stabilisierende Hyaluronsäure nicht auch aus Zuckermolekülen? Die Antwort lautet: jein. Natürlich ist Obst gesund, weil seine Vitamine der Haut helfen. Ebenso braucht unser Körper Zucker für verschiedene Stoffwechselprozesse, zu denen unter anderem die Bildung von Mehrfachzuckern und damit auch Hyaluronsäure gehört. Doch auch hier ist es wie eigentlich immer: Auf die Dosierung kommt es an.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine maximale Zuckermenge von 5 Prozent der Kalorienmenge, die Du täglich zu Dir nimmst. Das sind bei einem Erwachsenen mit „normaler“ Ernährung beispielsweise zwei Äpfel. Wenn Du nur einen isst, hast Du noch Raum für 100 Gramm Beeren, 200 Gramm Vollkornreis und ähnliches, ohne über die Grenze zu kommen, bei der die schädliche Verzuckerung Deiner Haut einsetzt.

WAS TUN BEI GLYKATION? SO GEHST DU RICHTIG VOR

Um einer Verzuckerung Deiner Zellen vorzubeugen oder sie zu verhindern, ist es nicht zu spät! Im Folgenden erfährst Du, wie Du richtig vorgehst und was es dabei zu beachten gilt.

AUF EINEN BLICK: SO VERMEIDEST DU GLYKATION

VERZUCKERUNG VERMEIDEN: SO GEHT'S

Um die Glykation zu verhindern, solltest Du idealerweise die folgenden Maßnahmen umsetzen. Grundsätzlich gilt: Nimm Obst und Säfte in Maßen zu Dir, verringere Deine Kohlenhydratzufuhr (Kohlenhydrate sind auch Zucker) und verzichte möglichst auf Limonaden und Gummibärchen sowie allgemein auf Süßigkeiten.

Greife stattdessen lieber zu Gemüse, Lachs, Hähnchen, Nüssen, grünem Tee und dunkler Schokolade (in Maßen) . Auch das getrennte Verzehren von Zuckerhaltigem und Proteinhaltigem hilft dem Körper, die Bildung von neuen AGEs zu vermeiden. Es gibt einige leckere Gerichte mit wenig Zucker, die sogar das Zeug zum Leibgericht haben.

Wenn Du doch mal zu viele zuckerhaltige Lebensmittel zu Dir genommen hast, helfen blutzuckersenkende Lebensmittel, um einen Teil davon wieder zu neutralisieren. Dazu gehören u. a. Haferprodukte, Zwiebeln, Lauchgemüse, Chili und Nüsse.

LÄSST SICH GLYKATION AUCH RÜCKGÄNGIG MACHEN?

Mit einer wirksamen Anti-Aging-Pflege morgens und abends, gepaart mit gesunder Ernährung und einem entsprechenden Lebensstil kannst Du bereits entstandene feine Linien wieder verschwinden lassen und die vorzeitige Hautalterung stoppen. Deine Haut kann sich regenerieren, sie sieht jugendlicher und frischer aus und gewinnt wieder an Spannkraft. Mit diesen einfachen Mitteln kannst Du die chemische Notbremse ziehen und wieder mit normaler bzw. verringerter Geschwindigkeit altern. Netter Nebeneffekt: Du beugst vielen Erkrankungen vor und tust auch etwas für Deine Figur!

Dr. Miriam Rehbein

Dr. Miriam Rehbein

Dr. Miriam Rehbein ist approbierte Fachärztin für Dermatologie sowie Gründerin und Produktentwicklerin der Doctor Mi! medical skincare. Als anerkannte Expertin für Hautpflege gibt sie ihr Fachwissen nicht nur an Kollegen auf Kongressen und in Fortbildungen weiter, sondern behandelt auch Patient*Innen in ihrer Münchner Praxis. Mit der Doctor Mi! medical skincare hat Dr. Miriam Rehbein auf Basis ihrer langjährigen Erfahrung im Umgang mit Patienten eine Pflegelinie geschaffen, die insbesondere ein Ziel verfolgt: Der Haut zur Selbsthilfe zu verhelfen.

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